Was
hat ein Australischer Schäferhund mit einem Alphajet zu tun und was,
putain, hat das alles mit der Provence zu schaffen? Bon:
Wir möchten, dass unser junger Hund zumindest die größten
Dummheiten NICHT tut. Wir möchten das gute Tier aber weder anbrüllen
noch schlagen oder sonstwie malträtieren. Also sind Herrchen und
Hündchen bei Vincent in die Schule gegangen, einem professionellen
Hundeflüsterer, der wirklich erstaunliche Tricks drauf hat. Ein paar
Stunden übten wir dabei auf einer Art verwildertem Park neben dem
Ort Lançon-Provence. Und plötzlich
donnerten mehrere Jets im Tiefflug über uns hinweg. Und hinweg. Und
hinweg...
Die
Patrouille de France (PAF) existiert seit 1953, seit 1964
starten die Flugzeuge dieser sehr besonderen Einheit der
französischen Luftwaffe von der Basis Salon-de-Provence aus. Diese
Basis liegt aber eigentlich zwischen Salon und Lançon,
und deshalb donnern die blau-weiß-rot lackierten Alphajets vor allem so dicht über letzteres Städtchen, dass die alten Häuser mit den
Dachschindeln wackeln. (Ein fiktiver Pilot der PAF war mal
Protagonist in einem Roger-Blanc-Krimi: https://provencebriefe.blogspot.com/2016/05/furcapitaine-roger-blanc-konnte-der.html )
Die
Flieger der PAF sind gewissermaßen weltbekannt. Man sieht sie
beispielsweise an jedem 14. Juli bei der großen Parade in Paris,
wenn sie mit Rauchtanks eine blau-weiß-rote Wolkenkokarde über die
Champs-Élysées ziehen. (Na ja, letztens hat ein Pilot auf den Knopf
der falschen Rauchbombe gedrückt und die Tricolore war nur eine
Zwicolore – smoke happens.)
Das
Spektakel, das Pariser und andere nur hin und wieder bestaunen
können, hat man zwischen Salon und Lançon,
na, ich will nicht sagen: täglich, aber doch zwischen Frühjahr und
Herbst in schöner Regelmäßigkeit. Die Piloten müssen halt
irgendwo üben, in der Provence herrscht gutes Wetter, und in unseren
Breiten ist der Boden auch schön flach, den Tieffliegern stellen
sich nur wenige Berge vor den Bug.
Meistens
sind es sechs bis acht Alphajets, die in Formation Salti fliegen,
oder Fächer formen, oder manchmal zeichnet ein Pilot mit einer roten
Rauchfahne ein Riesenherz in den Himmel und ein Kamerad schießt als
weißer Amorpfeil mitten hindurch. Romantisch und, äh, nun ja, nicht
total ungefährlich. Letztes Jahr ist ein Pilot nach einer finalen
Landung mit dem Schleudersitz ausgestiegen, ist zum Glück sonst
nichts passiert.
Du
fährst also auf irgendeiner Landstraße, du kaufst beim Bäcker ein
– oder du trainierst mal eben deinen Hund. Und plötzlich donnert
eine Staffel Kampfflieger über deinen breiten Scheitel und du
glaubst, du kannst die Bartstoppeln der Piloten zählen.
Ist
das auch laut? Hä, was haben Sie gesagt? Beschwert sich denn jemand
über den Lärm? Nö. Oder zumindest beschweren sich nicht viele, im
Gegenteil: Aufkleber mit dem Signet der PAF zieren fast so viele
Autohecks wie Logos von Olympique de Marseille, und bei der
Touristeninformation und in den Souvenirshops sind Devotionalien der
PAF ein Renner. Vielleicht liegt das daran, dass Provenzalen
grundsätzlich laut sind, da machen ein paar Tiefflieger mehr auch
nichts mehr aus.
Oder
aber: Man muss diese fliegenden Typen in ihren tollkühnen Kisten
(Ah, nein, der Filmtitel war irgendwie anders....) einfach gerne
haben. Es ist schon irre, was sie machen. Da bleibst du stehen und
staunst. Vincent bleibt stehen und staunt. Nur die richtigen
Einheimischen von Lançon kloppen
einfach weiter Tennisbälle übers Netz, für die ist ein Alphajet
auch nicht exotischer als eine Dohle. (Ach ja: Auch Hunde ignorieren
das Spektakel übrigens komplett und profitieren davon, dass Herrchen
nicht aufmerksam ist.) Nach einer Viertelstunde, spätestens, ist das
alles auch wieder gegessen, denn dann geht den Flugzeugen das Kerosin
aus.
Außerdem,
darf man nicht vergessen, ist die PAF ja auch ein Arbeitgeber in der
Region. Eine gute Freundin unserer Jüngsten ist Tochter eines
Piloten, so ein Job ist hier beinahe so normal wie Bäcker oder
Schäfer. Allerdings muss man mal sehen, wie lange in unseren
FFF-Zeiten eine derartige Verschwendung von Kraftstoff und
fröhlich-unschuldige Produktion von Unmengen CO2 noch geduldet
werden...
Noch
eine Anekdote, bevor der Klimawandel die Alphajets vom Himmel
schießt? Der farbige Rauch, den die Jets hinter sich herziehen,
kommt aus Tanks, die im Rumpf angebracht sind. In denen schwappt eine
ungiftige, aber eigentlich flüssige Farbe. 1964 hatte ein blauer
Tank einen Defekt: Statt hinten über die Düse trat die Farbe –
fragen Sie mich nicht: wie genau – vorne im Cockpit aus. Der Pilot
brachte seine Karre zwar sicher hinunter auf die Landebahn, war aber
von oben bis unten blau. Seine feixenden Kameraden tauften ihn
„Schtroumpf“ - in Deutschland heißen die blauen Comicfiguren
„Schlumpf“. Und seither werden die jeweils drei jüngsten Piloten
der PAF „Schtroumpfs“ genannt...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen