Mittwoch, 12. Mai 2021

Schweigendes Les Baux, Capitaine Roger Blancs achter Fall

 Capitaine Roger Blanc ist ein erfundener Ermittler, aber seine Fälle sind echt. D'accord, zumindest ein bisschen echt. Ich mag es, wenn er und seine Kollegen Fabienne und Marius Verbrecher jagen, die es tatsächlich gibt. Will sagen: Es ist doch immer wieder schön, wenn man sich von einer realen Untat inspirieren lassen kann.





Roger Blanc und seine Gendarmen werden in „Schweigendes Les Baux“ also zu jenem extrem wilden, romantischen und bekannten Ort in der Provence gerufen. (Mehr zu Les Baux gibt es hier: https://provencebriefe.blogspot.com/2021/04/les-baux.html) Dort ist ein Mann umgebracht worden, nur scheinbar ein Tourist unter den vielen Touristen hier.





Jedenfalls hat sein Mord offenbar etwas mit einem Verbrechen zu tun, das Frankreich einige Jahre zuvor erschüttert hat. Und dieses Verbrechen hat ein reales Vorbild: Xavier Dupont de Ligonnès (Googelt ihn ruhig, wenn ihr die grausigen Einzelheiten wissen wollt.) löschte 2011 seine gesamte Familie offenbar mit eisigem Herzen und glasklarem Verstand aus und organisierte seine Flucht. Seit April 2011 jedenfalls ist er unauffindbar. Seine letzten Spuren, ein banaler Hotelaufenthalt und eine lächerlich geringe Summe, die er an einem Geldautomaten abhob, führen …, genau, in die Provence. Es sind inzwischen fast tausend Hinweise eingegangen, ich-weiß-nicht-wieviele Gendarmen und Polizisten suchen ihn, haben dafür schon Wälder umgepflügt und ein Kloster gestürmt. Rien. Der Mörder ist fort, als schmorte er bereits in der Hölle. (Auf der Suche nach dem Phantom haben Beamte in der Provence übrigens über die Jahre tatsächlich zwei Skelette gefunden – es sind aber nicht die Gebeine des Täters, sondern die von, tja, von wem auch immer.)

Blanc stolpert also eher zufällig über ein Dupont-de-Ligonnès-ähnliches Verbrechen. Ein Familienkiller, der in der Provence untertaucht und seit Jahren von jedem Radarschirm verschwunden ist. Doch nach und nach erwacht in Blanc der Verdacht, dass der Mörder hier ist, irgendwo in Les Baux...

Es ist aber nicht alles finster. Provence im Februar, das bedeutet: der Frühling ist da! Und Frühling in der Provence bedeutet: die Mandeln blühen! Seit viereinhalb Jahrtausenden (!) werden Mandeln im Midi gepflanzt, gehegt, geerntet. Das heißt, beinahe nicht mehr. Bis in die 1950er-Jahre war Aix-en-Provence gewissermaßen das Zentrum des Mandelhandels. Dann waren die Kalifornier die Chinesen der Fünfziger Jahre: Sie haben einfach billiger produziert und den Markt aufgerollt. Jahre lang standen in der Provence nur noch ein paar einsame Bäume herum, eher als nostalgischer Zierrat, der Mandelbaum blüht wahnsinnig toll, wahnsinnig rosa und halt wahnsinnig früh: Er ist das Zeichen, dass das Leben nach dem Winter wieder erwacht.





Erst seit wenigen Jahren (und mit unfreundlicher Nachhilfe der Trockenheiten und Waldbrände, die Kalifornien verheeren) lohnt sich der Mandelanbau im Midi wieder. Allerdings kostet es einen hoffnungsfrohen Bauern bis zu 25 000 Euro, einen Hektar mit Mandelbäumen zu bepflanzen (die auch nur alle zwei Jahre Früchte tragen), und um profitabel zu sein, muss man mindestens 25 Hektar haben. Mais oui, bei Mandeln geht es um viel Geld. Und Geld ist immer ein gutes Mordmotiv...





Geld war vielen Künstlern schade egal. Van Gogh & Co. haben Mandelblüten als Zeichen der Jugend und der Jungfräulichkeit verherrlicht. Im „Schweigenden Les Baux“ spielt deshalb auch ein Mandelbild meiner früheren und leider viel zu früh verstorbenen Nachbarin Adry Novoli eine nicht unerhebliche Rolle – ohne ihr Bild hätte es weder Mord noch Ermittlungen gegeben. Mehr zu Adry Novoli habe ich hier aufgeschrieben: https://provencebriefe.blogspot.com/2018/03/mankann-nicht-sagen-dass-sich-in-der.html

Ein grausiges neues Verbrechen, ein grausiges altes Verbrechen, Mandeln, eine Malerin, Les Baux und die Provence... Ich hoffe wirklich, dass Ihnen diese Mischung Lust macht. Lust auf einen Krimi. Lust auf Südfrankreich. Lust auf eine Reise in die Ferne. Wir können jetzt alle endlich wieder einen Ortswechsel brauchen, nicht wahr?



Ach ja: Und in der Liebe trifft Roger Blanc endlich einmal keine blöde Entscheidung...


PS: Ab dem 5. Juli gibt es das Buch auch für die Ohren:

https://www.amazon.de/gp/aw/d/B097TVTX1T/ref=tmm_aud_swatch_0?ie=UTF8&qid=&sr=