Der
Dezember ist eine gute Zeit für den Garten. Wirklich, das ist jetzt
sowas von unironisch, das könnte glatt von der Kanzlerin stammen.
Kurz vor Weihnachten blühen hier zum Beispiel die letzten und die
ersten Blumen: eine späte Rose vor der Südwand der alten Ölmühle,
blaue, gelbe, rosafarbene und weiße kleine Dinger in der Garrigues,
eine violette Iris, die vielleicht gedopt ist, sonst kann ich mir
auch nicht erklären, warum die jetzt schon aus der Erde linst.
Im
Dezember regnet es regelmäßig. Nun ja, dieses Jahr schüttet es,
als liegt der Midi an der Elbe, aber selbst in normalen Jahren kommt
ordentlich was runter, was sonst anderswo im Kalender hier eher
selten ist. Ich habe schon ein Jahr erlebt, in dem es zwischen April
und Oktober nicht ein einziges Mal geregnet hat, nichts, nada, nicht
mal ein Hitzegewitter. Nur zwischen November und Januar kannst du
einigermaßen sicher sein, dass deine neu gesetzten Pflanzen
regelmäßig vom großen Regenmacher gewässert werden und nicht aus
dem Gartenschlauch berieselt werden müssen.
Nachts
friert es oft, aber nicht immer, minus zwei, drei Grad, als
Autofahrer musst du deine Scheiben morgens freikratzen, aber so
richtig mörderisch kalt wird es eben nicht.
Zudem fällt nur selten
Schnee und wenn, dann fällt der morgens und ist nachmittags schon
wieder getaut. Schweinekalt wird's nur, wenn der Mistral bläst:
hundert Sachen, Nordwind, mit freundlichen Grüßen vom Gipfel des
Montblanc, da freut man sich über seine Funktionskleidung vom
Outdoorladen. Aber, hey, leichter Frost und böser Mistral – das
ist die Kombi gegen Schädlinge, sehr öko und sehr wirksam!
Sonst
ist es nämlich in der Provence – zumindest im meernahen Süden, wo
wir hausen – so mild, dass immer noch Tausendfüßler, Käfer,
Spinnen und was-weiß-ich-was herumbrummen. Vor allem Fliegen, mon
Dieu,
unser Nachbar gegenüber vom Bach hat eine Ziegenherde und die ist
ein Paradies für diese Scheißdinger und die schwirren dir selbst
noch um den Weihnachtsbaum. Da ist so ein bisschen Frost und Mistral
nicht schlecht, dann sind die Biester endlich fort.
Und
dann... ah, das Licht! Was mich früher in Hamburg regelrecht
zermürbt hat, das war ja nicht der Regen oder die Kälte, das war
die Düsternis. Gefühlt war es zwischen Oktober und April immer
grau. Und wenn es nicht grau war, dann war es neblig. Und wenn es
nicht neblig war, dann war Nacht. Hier aber hält sich selbst das
Schmuddelwetter einen Tag – oder maximal zwei, aber dann wird schon
die Hälfte der verwöhnten Bevölkerung depressiv – und dann,
voilà,
scheint wieder die Sonne. Dann hast du, mitten im Dezember, blauen
Himmel von acht Uhr bis siebzehn Uhr und davor und danach einen
Sonnenuntergang zum gläubig werden.
Und
im Windschatten, mittags, kannst du draußen essen, in Fleecepullover
und mit Sonnenbrille. Mais
oui.
Man muss sich halt nur darauf einstellen, dass es Tage gibt, da hast
du am frühen Nachmittag zwanzig Grad, und sobald die Sonne hinter
den Hügeln Feierabend gemacht hat, fällt die Quecksilbersäule in
bloß zwei Stunden um eben jene zwanzig Grad.
Also
kann man im Winter durchaus Pflanzen in den Garten setzen. Es ist
auch eine gute Zeit, um Bäume einzugraben. Dabei wird man vom
würzigen Rauch diverser Feuer umwabert, denn selbstverständlich
kannst du auch nur jetzt Laub und kahle Äste verbrennen, ab März
wird das zu trocken und zu waldbrandgefährlich. („Kann“ man Laub
und Äste verbrennen, nicht „darf“ - eigentlich müssen wir
Grünabfälle nämlich auch auf der Kippe, wie es so schön heißt,
„entsorgen“. Das, hey, das ist Frankreich!, das tut natürlich
kein Schwein. Und neulich waren bei einem unserer Nachbarn – einem
Schafhirten seit Menschengedenken, ein Landmann wie aus dem Lehrbuch
– tatsächlich zwei Gendarmen, die ihm einen ordentlichen
Strafzettel verpasst haben, weil er mitten auf einer Weide ein nicht
deklariertes Freudenfeuer entzündet hatte.)
Also,
ich gehe nachher in den Garten, Blumenzwiebeln eingraben für's
nächste Frühjahr. Und dann Kaminholz hacken für den nächsten
frostkalten Abend. In diesem Sinne: Joyeux Noël!
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