Freitag, 12. April 2024

Weinanbau in der Provence

 Araber und Russen haben Öl, Franzosen haben Wein. Die Sorte, die in der Provence in vielen Barrel gefördert wird und weltweit viele Konsumenten antreibt, ist der Rosé. So weit, so gut.

Und jetzt die schlechte Nachricht: der Klimawandel, putain, schon wieder der.





In der guten, alten Zeit war es so: Die antiken Griechen haben Marseille & Co. vor ungefähr zweieinhalb Jahrtausenden gegründet und dabei Weinreben und Olivenbäume als Immigranten aus der alten Heimat mitgebracht. Weinbau war so ungefähr die beste antike Idee überhaupt und hat sogar noch besser funktioniert als die Demokratie. Rotwein, Weißwein, die Leute haben das immer gewählt, und seit einigen Jahrzehnten hat der provenzalische Rosé mit kräftigen Ellenbogen die anderen Farben beinahe aus dem Regal gedrückt und sich zum echten einheimischen Bölkstoff und zugleich globalem Exportschlager entwickelt.

Promis haben diesen, wie so viele Trends natürlich erst spät mitbekommen. Dafür haben sie das Geld, um ihren erkenntnistheoretischen Rückstand in cash aufzuholen. Beispiele? George Lucas hat in guten Zeiten im Midi Château Margüi für 9 Millionen Euro gekauft, das Traumpaar Brad Pitt und Angelina Jolie die Domaine de Miraval für 16 Millionen (ein Schnäppchen, zumindest war später noch genug Schotter für Scheidungsanwälte übrig), der irischer Milliardär Paddy McKillen Château La Coste für 10 Millionen, der französische Unternehmer Pierre Gattaz Château de Sannes für 11 Millionen. Teuer? Nö. In fetten Vor-Putins-Krieg-Zeiten war ein Hektar provenzalisches Weingut für schlappe 150 000 Euro zu haben. (Wer oenologisch noch etwas drauflegen möchte: Ein Hektar in Burgund kann bis zu 35 Millionen Euro kosten.)

So ein provenzalisches Weingut wie du und ich ist zum Beispiel, direkt bei uns um die Ecke, Château Virant, schön nahe am Étang de Berre: 180 Hektar Weinstöcke, in normalen Jahren sind die gut für wirklich jeden Durst löschende 120 000 Hektoliter. (Und 100 000 Liter Olivenöl wächst bei denen an den Bäumen, auch nicht ganz schlecht.) Zuerst wird der Muscat für den Weißwein gelesen, dann Sauvignon, Chardonnay, schließlich kommen alle anderen Arten ins Fass.

Nur, hey, alle, alle Jahreszeiten werden inzwischen immer heißer und trockener, da kannst du deine Hand zwischen Weinstöcken festkleben, das ändert jetzt leider auch nichts mehr. Früher war Weinlese vielleicht mal eine Angelegenheit für den Herbst – nun schneiden Arbeiter im August die Trauben ab. Rekordhalter ist eben jenes Château Virant, Lese 2003, Erntebeginn: 8. August. Wer sich als Erntehelfer bewerben möchte, dem muss ich den Enthusiasmus etwas dämpfen: Im Hochsommer ist es so heiß, dass die Lese nachts oder bestenfalls in den frühesten Morgenstunden erfolgen muss. Wenn du meinst, dass sechs Uhr morgens früh ist, such dir besser einen anderen Job.





Noch ein Knaller: Seit den alten Griechen musste man niemals, niemals den Wein gießen. Es gab wenig Regen in der Provence, doch der hat zweieinhalbtausend Jahre ausgereicht. Seit einigen Jahre, eh merde, nun nicht mehr. Winzer müssen wässern – bis zu einer Millionen Liter Wasser pro Hektar pro Saison. (Und, siehe oben, so ein eher normalgroßes Weingut wie Château Virant hat 180 Hektar…)

Was machen George Lucas und die anderen armen Winzer nun? Ein Nachbar von uns, der seit ewig und im Familienbetrieb ein richtig tolles kleines Gut bewirtschaftet, denkt ernsthaft darüber nach, alle seine Reben auszureißen und durch solche zu ersetzen, die mehr Trockenheit und Sonne aushalten. In fünf Jahren würden sie die erste Trauben tragen, in zehn Jahren wäre dieser Wein dann richtig gut. Hoffen wir, dass bis dahin der Süden Frankreichs nicht schon wieder zu heiß und trocken auch für diese Rebsorte geworden ist.

Und wo diese neue Rebsorte herkommt? Aus Griechenland, wie schon vor zweieinhalb Jahrtausenden.

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